07 Feb 2020
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Autor:
red/ag
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All-time-High des Zertifikatemarktes, nachhaltige Geldanlage und deren Regulierung sowie die wirtschaftlichen Perspektiven der kommenden Monate – und damit ein Ausblick auf ein Anhalten des Niedrigzinsniveaus – bestimmten den traditionellen Jahresauftakt des Zertifikate Forum Austria (ZFA) an der Wiener Börse.
Frank Weingarts, der Vorsitzende des ZFA, freute sich über den historischen Höchststand des Volumens des österreichischen Zertifikatemarktes. „Dieser erfreuliche Zuwachs um 12 Prozent gegenüber der Vergleichsperiode resultiert primär aus einem signifikanten Anstieg bei Bonus- und Express-Zertifikaten“, so Weingarts. Anlage-Zertifikate seien geeignet, so Weingarts, für vorsichtige Sparer eine Brücke in die Welt des Kapitalmarktes mit realen Renditen zu schlagen.
Betrachtet man das investierte Volumen nach Produktkategorien, so zeigt sich einmal mehr das ausgeprägte Sicherheitsbedürfnis der heimischen Privatinvestoren: Anlageprodukte dominieren unverändert mit einem Marktanteil von 98,5 Prozent, wobei davon mit etwa 56 Prozent die Garantie-Zertifikate mit vollständigem Kapitalschutz in der Gunst ganz oben rangieren. Die risikoreicheren Hebelprodukte lagen ähnlich wie in den Vorjahren bei etwa 1,5 Prozent Marktanteil.
Outperformance der Zertifikate wissenschaftlich nachgewiesen
Besonderes Augenmerk legte der Vorstand des ZFA auf eine jüngst durchgeführte Studie der Universität Kiel zur Performance von Zertifikaten in unterschiedlichen Anlageszenarien. Abgesehen von Zeiten hoher Volatilität oder stark fallender Märkte weisen die Zertifikate gegenüber Basiswerten eine klare Outperformance aus und sind daher für Privatanleger besonders attraktiv. Weingarts betonte: „Die Studie dokumentiert klar, dass insbesondere Indexanleihen beziehungsweise Bonus-Cap-Zertifikate dem Anleger die Möglichkeit geben, seine individuelle Risikobereitschaft optimal abzubilden.“
Niedrigzins bleibt Konstante
Ökonom Stefan Bruckbauer beurteilte vor allem die niedrige Inflationsrate, die sich um etwa 1 Prozent bewegt, äußerst kritisch. Die sinkende Inflationserwartung übe vor allem Druck auf das lange Ende der Zinsen aus. Bruckbauer machte das Publikum auf ein kleines Detail aufmerksam, das allerdings große Auswirkungen auf die europäische Finanzwelt haben könnte. Bislang galt in der EZB-Politik das Credo einer Inflation von unter 2 Prozent, aber nahe 2 Prozent. Nun stehe aber heuer das Inflationsziel der EZB „under review“. Die sprachliche Feinheit, ob nun das neue Ziel nur mehr lauten werde „unter 2 Prozent“ oder wieder „nahe bei 2 Prozent“ oder „durchschnittlich 2 Prozent“, werde signifikante Auswirkungen auf die europäische Zinslandschaft haben. Laut Bruckbauer bilde dies heuer die wesentlichste Entscheidung der EZB. Für Spannung ist gesorgt!
Nachhaltige Geldanlage als Megatrend
Sogenannte nachhaltige Anlageprodukte – also solche, die sich auf Nachhaltigkeitsindizes oder ESG-Standards beziehen – werden derzeit stark nachgefragt, wie Frank Weingarts berichtete. Auch die Regulatoren in Brüssel beschäftigen sich nun damit, da die Politik Fortschritte bei Klimaschutz über die Finanzindustrie fördern will. Mit Nachhaltigkeit gehen Fragen nach neuen Investorentypen, neuen Anlagestrategien und -zielen sowie neuen Erwartungen an die Banken einher. Thomas Wulf, Generalsekretär der EUSIPA, der europäischen Dachorganisation der Zertifikate-Emittenten, zeigte die verwirrende Fülle an Labels auf, die derzeit zum Nachhaltigkeitsgedanken in den Mitgliedstaaten in Verwendung sind.
Vergangenen Oktober hat die EU im Rahmen der Benchmark-Verordnung die Einführung von zwei Typen von Indizes mit Niedrigemissionsstrategie veröffentlicht. Gleichzeitig wurden Regelungen publiziert, wie beim Vertrieb von Finanzprodukten die Einbeziehung von Nachhaltigkeitsaspekten offenzulegen sind. Kurz vor der Fertigstellung steht die sogenannte Taxonomy – also eine Kategorisierung der als nachhaltig einzustufenden wirtschaftlichen Tätigkeiten. Abschließend erwähnte Wulf das „Ecolabel“, eine branchenübergreifende Selbstzertifizierung, die zwar bereits in Arbeit sei, bei der aber weder ein Zeitplan zur Einführung noch der Umfang der Anwendung feststünden.