22 Sep 2022
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Autor:
red/ag
/ Neumayr/Leopold
Bild: Im jährlichen Nachhaltigkeitsbericht dokumentiert Stiegl den schonenden Umgang mit Ressourcen. V. l. Stiegl-Chefbraumeister Christian Pöpperl und Biologe Dr. Konrad Steiner (wissenschaftlicher Berater von Stiegl).
Die Stieglbrauerei zu Salzburg feiert in diesem Jahr ihr 530-jähriges Jubiläum. Hier wird in Generationen und in Kreisläufen gedacht. Daher werden Ressourcen zum Bierbrauen so lange wie möglich im Kreislauf gehalten. Energieeffizienz, Kaskadennutzung, Verwertung von Brauerei-Reststoffen und Bodengesundheit sind in der Salzburger Privatbrauerei nicht nur Schlagwörter, sondern gelebte Nachhaltigkeit, die in Form von innovativen Projekten täglich umgesetzt werden.
Bei Stiegl begegnet man den Themen Klimawandel, Biodiversitätsverlust und Rohstoff-knappheit seit jeher mit einer umfassenden Nachhaltigkeitsstrategie, welche die Kreislaufwirtschaft in den Mittelpunkt stellt. Zu den zahlreichen Maßnahmen zählen neben Eigenstromerzeugung auch Investitionen in die Energieeffizienz. Neben einer Photovoltaik-Anlage am Dach der Brauerei und dem eigenen Wasserkraftwerk „Pulvermühle“ am Salzburger Almkanal, kommen in der Salzburger Privatbrauerei innovative Technologien zum Einsatz, zum Beispiel im Bereich der Kältetechnik. So wird bei der Bierkühlung im Gegenstromprinzip die Kälte aus der CO₂-Produktion zur Abkühlung der Kältesole genutzt, welche wiederum die Gär- und Lagertanks kühlt. Zusammen mit den Einsparungen durch Umrüstung der Hallen- und Kellerbeleuchtungen auf moderne LED-Technik ergeben diese Maßnahmen in Summe eine beachtliche Entlastung der Umwelt in Höhe von einer Million Kilowattstunden – dies entspricht dem jährlichen Stromverbrauch von ca. 400 Haushalten¹.
„Kaskadennutzung“ & Ressourcenschonung
Zur Kreislaufwirtschaft bei Stiegl gehört auch das System der „Kaskadennutzung“, dabei geht es um die Nutzung von Rohstoffen über mehrere Stufen und den effektiven und sparenden Verbrauch von Ressourcen, um diese so lange wie möglich im Wirtschaftssystem zu halten. Dazu zählt auch, Reststoffe aus der Bierherstellung sinnvoll wiederzuverwerten. Dabei dienen zum Beispiel Biertreber und Brauerei-Kieselgur als wertvolle Reststoffe für die Landwirtschaft. In der Viehzucht wird der Biertreber als Futtermittel verwendet. Der hohe Eiweißanteil macht diese Rückstände des Braumalzes zu einem wichtigen und hochwertigen Futtermittel und trägt u. a. dazu bei, die Menge an Soja-Importen zu reduzieren.
„Bioökonomie Made in Salzburg“
Bei den verschiedenen Maßnahmen setzt man in der Salzburger Privatbrauerei auch immer wieder auf Kooperationspartner aus Bildung und Forschung. Beim jüngsten Projekt entwickelten HBLA²-SchülerInnen und FH³-Studierende umweltfreundliche Einweg-Teller, die aus Biertreber und Weizenkleie produziert werden und zu 100 Prozent kompostierbar sind bzw. an Schweine verfüttert werden könnten. „Das ist Kaskadennutzung auf höchster Stufe, weil es dadurch vor der Verwendung als Futtermittel eine Zwischennutzung des Wertstoffes Treber gibt“, sagt dazu Christian Pöpperl, Chefbraumeister und Leiter des Ressourcen-Effizienzteams. Dadurch ließen sich in Zukunft große Mengen an Plastik-Müll durch Einweg-Geschirr vermeiden. Das Projekt wurde von der Innovation Salzburg GmbH kürzlich mit dem Salzburger Innovationspreis in der Kategorie „Bioökonomie Made in Salzburg“ ausgezeichnet.
Ein weiterer Reststoff aus der Brauerei ist die Kieselgur. Der Naturstoff aus den Schalen fossiler Kieselalgen wird zum Filtrieren des Biers verwendet. 450 Tonnen davon fallen jährlich bei Stiegl an. Durch den hohen Siliziumgehalt kann der Brauerei-Reststoff in der Landwirtschaft sinnvoll wiederverwertet werden, denn Silizium kann fest gebundenen Phosphor im Boden mobilisieren und so die Boden- und Pflanzengesundheit fördern. Im Rahmen einer Forschungsarbeit von HBLA-SchülerInnen wurde bestätigt, dass das Bierfiltrat – durch Beimengung zur Gülle vor dem Düngen – langfristig die Bodengesundheit verbessert. Dies könnte im Hinblick auf den stattfindenden Klimawandel eine wichtige Rolle spielen, um die Widerstandsfähigkeit von Nutzpflanzen zu steigern und Ertragseinbußen abzufedern. Am Stiegl-Gut Wildshut werden diese Erkenntnisse schrittweise beim Anbau von Braugerste umgesetzt. „Hier haben wir die Voraussetzung für eine optimale Nutzung der Brauerei-Kieselgur geschaffen. Mit der Ausbringung des Gülle-Kieselgur-Gemisches auf unsere Urgetreide-Felder wird der Kreislauf perfekt geschlossen“, erläutert Christian Pöpperl.
Bodengesundheit & Biodiversität
Gerade für eine Brauerei nehmen der Boden und seine Beschaffenheit eine ganz besondere Bedeutung ein, denn die Voraussetzung für beste Gerste und besten Hopfen sind gesunde Böden. Dabei stehen Artenvielfalt und Bodengesundheit in engem Zusammenhang, denn die Artenvielfalt schützt den Acker. Am Biergut in Wildshut erforscht man eine Reihe von Maßnahmen, mit welchen sich die Artenvielfalt in der Landwirtschaft im Einklang mit der Ökonomie fördern und gleichzeitig nützen lässt. Artenvielfalt oberhalb des Bodens ist notwendig für Artenvielfalt im Boden und stärkt die Bodengesundheit. Unter dem Motto „Schützen durch Nützen“ werden hier seit 2016 diverse Forschungsprojekte umgesetzt. Dabei wurden verschiedene Ackerwildkräuter zwischen den Reihen der angebauten Urgetreidesorten etabliert. Zusätzlich wurden mitten im Braugerstenacker Hecken gepflanzt, mit dem Ziel, deren Nutzen für eine klimaresiliente Landwirtschaft zu erforschen. Diese sogenannten Agroforstsysteme schützen den Getreideacker sowohl bei Trockenheit als auch bei Starkregen-Ereignissen und verhindern zugleich die Bodenerosion.
¹) Berechnung basiert auf dem durchschnittl. Stromverbrauch eines 3-Personen-Haushalts mit 2.500 kWh/Jahr.
²) HBLA Ursprung – Höhere Bundeslehranstalt für Landwirtschaft
³) FH Salzburg Campus Kuchl